Grünstadt, Stadt
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- Geschrieben von Philipp von Zabern Verlag, Mainz
Zur frühmittelalterlichen Topographie von Grünstadt (Kreis Frankenthal)
Fränkische Grabfunde liefern uns den Beweis dafür, daß die Besiedlung Grünstadts im frühen Mittelalter schon im 6.-7. Jh. erfolgt ist, also lange vor der urkundlichen Erwähnung des Ortes. Die topographische Auswertung der Gräberfelder dieser ersten fränkischen Ansiedler zeigt, daß hier ursprünglich nicht ein einziger Siedlungskern bestanden hat, sondern daß Grünstadt seinen Ausgang genommen hat von mehreren Gehöftsiedlungen, die beieinander lagen.
Im Bereich der evangelischen Martinskirche und der Steingutfabrik im Süden der Stadt liegt ein fränkisches Gräberfeld. Von 1884 an bis in die jüngste Zeit kamen hier Grabfunde zutage, darunter eine recht reiche Frauenbestattung des 7. Jhs. Das Gelände bei diesem Friedhof steigt nach Süden und Westen hin an, und so wird man die zugehörige Siedlung kaum in diesem Bereich suchen, sondern sie am ehesten nördlich davon lokalisieren, in einem Gebiet, dessen Wasserverhältnisse wegen der zahlreich dort auftretenden Quellen als sehr günstig zu bezeichnen sind.
Plattengräber, die zu einem zweiten Friedhof gehören, wurden im Norden der Stadt aufgedeckt, im St. Peterspark und m den Straßenzügen westlich davon. Das Terrain fällt hier nach Osten hin ab, was trotz der Störungen, die der Bau der Eisenbahnlinie im Gelände verursacht haben dürfte, deutlich sichtbar ist. Die fränkische Siedlung zu diesem Gräberfeld dürfte in der Nähe des Baches jenseits der Bahn bei der Eingasse gelegen haben. Ein drittes Gräberfeld befindet sich nordwestlich der Stadt, beim heutigen Friedhof. Auf einem Hang, der sich nach Osten neigt, kamen unter den heutigen Gräbern und bei Friedhofserweiterungen zahlreiche Grabfunde zum Vorschein, darunter als besonders erwähnenswert 3 Brandgräber des ausgehenden 7. Jhs. Die zugehörige Hofstatt ist wohl nördlich des Gräberfeldes zu lokalisieren, wo ein Bach wiederum günstige Lebensbedingungen für Mensch und Vieh bot.
So ergibt sich aus dem archäologischen Befund, daß im Gebiet der heutigen Stadt Grünstadt im Frühmittelalter nicht weniger als 3 fränkische Gehöftsiedlungen bestanden haben, jede mit einem eigenen Gräberfeld, das oberhalb der Siedlung auf einer leichten Anhöhe oder an einem Hang lag.
Bei zweien dieser fränkischen Höfe können wir die Geschichte bis ins Mittelalter hinein verfolgen, denn die Hofstatt im Süden gelangte 875 als königliches Hofgut in einer Schenkung Ludwigs des Deutschen an die Abtei Glandern in Lothringen. Auf dem schon bestehenden Gräberfeld oberhalb der Siedlung wurde dann die Kirche St. Martin errichtet, die urkundlich zwar erst 1121 faßbar ist, aber wesentlich älter sein dürfte. Auch über das Schicksal der Niederlassung im Norden von Grünstadt besitzen wir urkundliche Nachrichten, die hier um 900 einen Fronhof und 14 Bauernhöfe als Besitz des Klosters Weissenburg im Elsaß erwähnen. Auf dem bestehenden Gräberfeld wurde hier ebenfalls eine Kirche errichtet mit dem Patrozinium St. Peter.
Erst 1459 wurden beide Besitzungen zusammengefaßt und in der Hand des Grafen von Leiningen vereinigt, was 1471 äußerlichen Ausdruck fand in der Befestigung des gesamten Dorfes durch einen Graben. Über den dritten fränkischen Hof beim heutigen Friedhof berichten die schriftlichen Quellen nichts, und die archäologischen Funde erlauben nur mittelbare Aussagen. Auffallend ist der Befund merowingischer Brandgräber, der schon erwähnt worden war. Diese Brandbestattungen können durch¬aus als eine Art heidnischer Opposition gegen kirchliche Be¬stattungsvorschriften aufgefaßt werden. Die beiden anderen Höfe im Süden und Norden entwickelten sich weiter und wur¬den im Laufe der Zeit die Keimzellen der Stadt Grünstadt, die sich heute zwischen diesen beiden fränkischen Gehöftsiedlungen ausdehnt.
Das Buch zum Bericht
Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern
Südliches Rheinhessen – Nördliche Vorderpfalz
Worms – Kirchheim-Bolanden – Donnersberg
Eisenberg
Erschienen im Philipp von Zabern Verlag Mainz, 1969;
herausgegeben vom Römisch-Germanischen Zentralmuseum Mainz.
Dieses Werk ist leider nur noch über Bibliotheken und Antiquariate erhältlich. Neuere Literatur zu diesem Thema finden Sie beim Verlag Philipp von Zabern.