Die barocke Emporenmalerei in Sippersfeld
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- Geschrieben von Peter Wasem, Winnweiler
Bereits vor 1296 wurde in Sippersfeld eine gotische Kirchenanlage errichtet. Laut einer Urkunde vom 22. Dezember 1296 schenkte Gisela, die Witwe von Philipp II. von Falkenstein, das von ihr beanspruchte Patronatsrecht an der Kirche in Sippersfeld und die damit verbundene Zahlung des Zehnten an das Kloster Otterberg. Diese gotische Kirche wurde 1768 zur barocken Kirche umgebaut. Wie aus entsprechenden Baubefunden zu erkennen ist, wurde jene alte Kirche in der Länge, Breite und Höhe erweitert, so daß man praktisch von einem Neubau des Gotteshauses sprechen muß. Einzig der mächtige Turm ist von der gotischen Anlage erhalten geblieben.
Die Brüstungsmalereien
Die Orgelempore auf der Ostseite und die Männerempore auf der Westseite sind mit Darstellungen von Szenen und Heiligen aus der Bibel geschmückt. Insgesamt zieren 24 Gemälde die beiden Emporen. Sie dürften 1768, bei dem Neubau des Kirchenschiffes geschaffen worden sein. Sie sind, da im Inneren seitdem keine Umbaumaßnahmen mehr vorgenommen wurden, noch an ihrem ursprünglichen Platz. Als Maler kommt der 1752 von Nassau-Weilburg in Kirchheimbolanden als Hofmaler angestellte Friedrich Henrich Seekatz in Frage. Seekatz entstammt der berühmten Malerfamilie Seekatz, deren Mitglied Conrad Friedrich Seekatz wohl der Bedeutenste war. Friedrich Henrich Seekatz war an der Bildgestaltung der Dreifaltigkeitskirche in Worms beteiligt und hat in der Pfarrkirche in Löhnberg die Emporenmalerei ausgeführt (1).
Die drei Gemälde, die sich links der Orgel befinden, stellen Moses mit den Gesetzestafeln, die eherne Schlange und die Taufe Jesu dar. Auf der rechten Seite sehen wir die Einsetzung des Heiligen Abendmahles, die Kreuzigung Christi und Aaron. Diese Gegenüberstellung steht in der typisch lutherischen Tradition: Moses mit den Gesetztafeln entspricht der Darstellung von Aaron, die eherne Schlange entspricht der Kreuzigung, die Taufe Jesu entspricht dem Heiligen Abendmahl.
An der Männerempore befinden sich 18 Bilder. Diese Zahl läßt Spekulationen zu. Es handelt sich um die 12 Apostel, die 4 großen Propheten des Alten Testamentes und um Samson und den Gotteskrieger Josua.
Unter den Bildern der Männerempore stehen folgende Namen:
Samson, Amadeus, Esaias, Jerimias, Petrus, Andreas, Philippus, Jonathan, Thomas, Bartolomäus, Matthias, Jakobus, Simon, Paulus, David, Hesekiel, Jakobus und Josua. Diese Bildunterschriften wurden bei der Restaurierung der Emporenbilder von Artur Kalbhenn im Jahre 1957 angebracht und stimmen in einigen Fällen nicht mit der Darstellung überein. So zum Beispiel Amadeus, Jonathan und Paulus. Anhand der beigebenen Attribute lassen sich folgende Apostel eindeutig identifizieren: Judas Thaddäus mit der Keule, Petrus mit Schlüssel, Andreas mit Kreuz, Johannes mit Kelch und ohne Bart, Bartholomäus mit Messer, Matthias mit Beil, Simon mit Säge und Jakobus d. Ältere mit dem Pilgerstab.
Kalbhenn urteilt über die Emporenmalerei (2):
„Die Füllungen der Emporen ließen figürliche Darstellungen erkennen. Dieselben waren im Laufe der Zeit und durch wiederholte fachwidrige Überzugsbehandlung unansehnlich geworden und stark nachgedunkelt. Als die Abnahme der Lackschichten erfolgt war, zeigte es sich, daß die Bilder in einer ganz eigenwilligen Manier gemalt waren. So war zum Beispiel der Hintergrund in seiner natürlichen Holzfarbe stehen gelassen und nur leicht beilasiert, so daß die Maserungen als Wolken- und Felsgebilde hervortraten. Die Figuren selbst, in einem bäuerlichen Barock gemalt, waren in der Ausführung und Komposition formvollendet; farblich und in der Zeichnung erinnern sie stark an die Malereien in der Kirche zu Imsbach.
Die Bilder stellen Männer des Alten und Neuen Testamentes dar; die Orgelempore ist mit Gruppenbildern aus dem Alten und Neuen Testament geschmückt. Ganz hervorragend ist hier die Darstellung des Heiligen Abendmahles gelungen; dem Maler scheinen als Modell Bauern aus nächster Umgebung gedient zu haben. Besonders realistisch ist die Gestalt des Judas gezeichnet; seine Haltung und sein verschlagener Gesichtsausdruck sind kaum zu überbieten. Sehr gut ist die Perspektive des Raumes gehandhabt, die mit den einfachsten technischen Hilfsmittel bewältigt wurde. Das Bild wirkt sehr geschlossen und dadurch sehr eindringlich. Beachtenswert bei den anderen Bildern ist der gleichmäßig gelagerte Horizont, der die schweren Figuren (farblich gesehen) etwas zurückdrängt und der ganzen Bildkomposition ein einheitliches Aussehen verleiht. Farblich sind die Bilder sehr gut ausgewogen und geben durch ihre warmen Farbtöne dem gesamten Raum ein würdiges Aussehen. Leider ist nicht festzustellen, wer der Schöpfer dieser Bilder war, die nach ihrem Entstehen künstlerisch hervorragend gewesen sein müssen, die aber durch Zerstörung und Restaurierung stark gelitten haben. Die von mir durchgeführten Restaurierung fand unter Aufsicht des Leiters des Landesamtes für Denkmalpflege, Rheinland-Pfalz, Herrn Dr. Medding, statt. Die Wiederherstellung der Gemälde bedeutet eine wertvolle Bereicherung der Tafelmalerei des 18. Jahrhunderts.“