Die Katastrophe des Pfälzischen Erbfolgekriegs

Die Stadt Speyer hatte sich noch nicht vom Dreißigjährigen Krieg und seinen Folgen erholt, als sie in der Pfingstwoche des Jahres 1689 im Pfälzischen oder Orléansschen Krieg (1688–1697) das Ziel von französischen Truppen wurde. Unter den zahlreichen Kriegen des 17. und frühen 18. Jahrhunderts nimmt der Pfälzische Erbfolgekrieg aufgrund der grausamen Praxis der »verbrannten Erde«, die von den französischen Kriegsherren verfolgt wurde, einen besonderen Platz ein. Im Jahr 1689 fielen den Kämpfen zahlreiche Städte, Burgen und Dörfer am Nieder-, Mittel- und Oberrhein zum Opfer, so – neben Speyer – Heidelberg, Mannheim, Worms, Oppenheim, Bingen, Kreuznach, Alzey, Frankenthal, Rastatt, Pforzheim und Offenburg.  Nachdem der französische General Joseph de Montclar am 30. Januar 1689 die Befestigungsanlagen der Stadt besichtigt hatte, begannen zwei Tage später die Abbrucharbeiten, an denen sich auch die Stadtbewohner beteiligen mussten. Während bereits seitens der Bürger geahnt wurde, dass die Franzosen die Stadt einäschern wollten, teilte am Nachmittag des 23. Mai der französische Kriegsintendant de la Fond den beiden Bürgermeistern und den Ratsherren mit, dass die Stadt innerhalb von sechs Tagen evakuiert werden müsse: es solle jedoch niemand daraus schließen, dass die Stadt verbrennet werde. Bereits vier Tage später jedoch ließ Montclar dem Domdekan und bischöfl ichen Statthalter Heinrich Hartard von Rollingen – er war später von 1711 bis 1719 Bischof von Speyer – mitteilen, er habe den Befehl erhalten, die Stadt samt allen darin befindlichen Kirchen und Klöstern, einzig die hohe Domkirche ausgenommen, in Brand zu stecken.

 

Heinrich Hartard Freiherr von Rollingen (1633–1719), Ölgemälde des 18. Jahrhunderts Von ihm stammt eine der wertvollsten Quellen für die Geschichte der Zerstörung von Speyer im Jahr 1689. In seinem Bericht an den Speyerer Bischof Johann Hugo von Orsbeck (1677– 1711), der zugleich Erzbischof von Trier war, hielt Rollingen fest, dass selbst die hohen französischen Offi ziere sehr betroffen waren von dem ihnen erteilten Befehl. La Fond erklärte sich daher sogar bereit, sich beim Versailler Hof für Speyer zu verwenden, meinte allerdings, dass wenig Hoffnung auf eine Änderung des Befehls bestünde. Er wolle aber veranlassen, dass den Einwohnern einige hundert Wagen für den Abtransport ihrer Habe zur Verfügung gestellt würden. Das, was letztlich zurückbliebe, könnte im Dom untergebracht werden. Die Bitte Rollingens, mit einigen anderen Geistlichen in der Stadt bleiben zu dürfen, um den Gottesdienst im Dom zu halten, wurde dagegen abgelehnt.

 

Den zahlreichen Versuchen seitens des Rates der Stadt sowie von kirchlicher oder privater Seite, die drohende Gefahr von der Stadt abzuwenden oder das Schreckliche zu mildern, war ebenfalls kein Erfolg beschieden. Am 25. Mai hielt das Domkapitel seine letzte Sitzung ab und beschloss, da die Niederbrennung der Stadt sicher zu sein schien, den Domschatz und das Archiv des Domkapitels nach Mainz zu bringen. Gleichzeitig sollte der Oberkommandierende der Franzosen, Marschall Graf Jacques- Henri de Duras in Mainz, um die Zusicherung gebeten werden, dass der Dom verschont bleibe. Die Aktivitäten des Domkapitels waren für die Bürger Speyers das Signal, nun ihrerseits ihr Hab und Gut zu bergen und die Stadt zu räumen. Ein Augenzeuge berichtet: Mit unnennbarer Wehmut verließen sie ihre Wohnungen, und ihr Gang aus der Stadt glich dem Gang der zum Tode Verurteilten.

 

 

Das Buch zum Bericht

speyer.jpgHans Ammerich
Kleine Geschichte der Stadt Speyer
208 Seiten, 50 Abb., 2 Karten, 12,5 x 19 cm, geb. 16,90 €
Erschienen im G-Braun Verlag, Karlsruhe
ISBN 978-3-7650-8367-9

Die Geschichte Speyers ist geprägt von zahlreichen Höhepunkten und Rückschlägen. Nach keltischen und römischen Anfängen entwickelte es sich schnell zu einem Mittelpunkt geistlicher und weltlicher Macht und war bereits früh Bischofssitz und Königspfalz.

 


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