Das Haus des Bergmanns Spohn in Katzenbach
„Ackersmann und Vorsteher an dem Bergwerk daselbst"
Der Balken im Torsturz des Ökonomieteils der Einfirstanlage in der Hauptstraße 29 im nordpfälzischen Katzenbach (ehem. Bezirksamt Rockenhausen) trägt die Inschrift „H. SPOHN 1775", darunter die Insignien des Bergmannberufs, Fäustel und Bergeisen. Laut Denkmaltopographie des Donnersbergkreises kommt als Erbauer der Bergmann Johann Heinrich Spohn in Frage. Da nur noch wenige oberirdische Zeugnisse an den einstigen Bergbau bei Katzenbach erinnern, wurde versucht, Näheres zur Geschichte dieses Hauses und seiner Bewohner zu ermitteln.
Nach Quellenlage zählten Angehörige der Familie Spohn zu den seit der Mitte des 17. Jahrhunderts in Katzenbach ansässigen Familien. Johann Heinrich Spohn wurde am 29. März 1744 als Sohn von Friedrich und Anna Margaretha Spon in Katzenbach getauft. Der Vater wird im Sterbeakt von 1769 „Gemeindsmann zu Katzenbach" genannt - erst bei seinen Söhnen Heinrich und Nickel finden wir Hinweise auf eine Ausübung des Bergmannberufes. In den reformierten Kirchenbüchern wird Heinrich Spohn 1767 bis 1774 „Bergmann allda" bzw. „Bergmann daselbst" und 1776 erstmals Steiger[i] genannt.
Bereits 1473 und 1479 werden bei Katzenbach zwei Silber- bzw. Quecksilbergruben erwähnt. Diese dürften zunächst bis ins 16. Jahrhundert in Betrieb gewesen sein. Nach längerer Unterbrechung wurde mit der Grube Steinkreuz 1727 der Bergbaubetrieb in den alten Anlagen wieder aufgenommen. Die Überlieferung zeugt von einem Höhepunkt des Katzenbacher Bergbaus in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, was auch die Zahl der Schürfungen[ii] und Suchgrabungen nach Quecksilbererzen belegt. Zu jener Zeit lag der Bergbau in der Nordpfalz mit an der Spitze der weltweiten Quecksilbergewinnung.
Vermutlich war Heinrich Spohn vor 1773 auf den Gruben Steinkreuz oder Reich Geschiebe beschäftigt, in den folgenden Jahren wird er mehrmals im Zusammenhang mit neuen Schürfungen genannt: Das Schurfwerk[iii] Frischer Mut war 1774 von dem Steiger Spohn neu gemutet[iv] worden, 1782 war Spohn zeitweise auch Schichtmeister[v] der Grube. 1782 war Spohn ein Schurfschein für die Grube Reich Geschiebe erteilt worden. In einer Liste der kurpfälzischen Bergbeamten für das Oberamt Lautern, Kellerei Rockenhausen, wird Spohn 1784 als Schichtmeister der Grube Frische Muth zu Katzenbach genannt, er ist zur gleichen Zeit auch Schichtmeister der Grube Neue Pfalz in der ehemaligen Hofgemark des Sulzhofes bei Schiersfeld. 1776 begann der Steiger Spohn mit Arbeiten am Schurfwerk St. Jakob, die Arbeiten endeten 1793. 1779 erhielt Spohn einen Schurfschein auf Quecksilbererze für das Gelände Rosenmühle; dieses Gelände nördlich des Steinkreuzer Grubenfeldes wird 1779 als „Heinrich Spohnens Schurffeld" bezeichnet, die Arbeiten wurden offenbar 1784 eingestellt. Zwischen 1773 und 1776 war Spohn Gewerke des Schurfwerkes Grubhecken, 1780 Gewerke der Grube Steinkreuz. Im Jahre 1789 wird der Steiger Spohn dazu verpflichtet, die Grube Steinkreuz zweimal wöchentlich zu befahren und zu kontrollieren, zum Wochenlohn von einem Gulden.
Die Ehefrau des Bergmanns Heinrich Spohn, Anna Ottilia, wurde am 7. Februar 1746 in Katzenbach als Tochter von Caspar Zimmer und seiner Ehefrau Elisabetha Catharina getauft, Johann Caspar Zimmer, „Gerichtsmann allda", stammte aus dem Nachbarort Schönborn.
Als „Ottilia, des Henrich Spohnen Bergmanns von Katzenbach eheliche Hausfrau" am 8. Januar 1796 im Alter von 50 Jahren verstirbt, hinterlässt sie sieben Kinder im Alter zwischen 10 und 28 Jahren. Von den zehn Kindern der Eheleute, sieben Mädchen und drei Jungen, waren drei bereits im Alter zwischen vier Tagen und drei Jahren verstorben.
Am 25. Februar 1807 „nachmittags zwischen drey und vier Uhr starb zu Katzenbach Heinrich Spohn Ackersmann daselbst und Steier an dem Bergwerke (...) seines Alters ohngefehr 64 Jahr." Mitte der 1790er Jahre war der Betrieb der Katzenbacher Bergwerke eingestellt worden, dennoch wird Spohn hier Steiger genannt. Dass er auch in früheren Zeiten nicht ausschließlich hatte vom Bergbau leben können, ist anzunehmen. Neben der immer wieder konstatierten Unrentabilität der Gruben lässt auch die Architektur der Hofanlage vermuten, dass die Landwirtschaft zumindest im Nebenerwerb betrieben wurde.
In den Kirchenbüchern finden sich unter den Gevatterleuten der Kinder der Eheleute Heinrich und Ottilia Spohn auch mehrere Personen, die mit dem Bergbau zu tun hatten - eine Patin war Carolina Margaretha Römer, Tochter des kurpfälzischen Hofkammer- und Bergrates August Römer, bei der Taufe vertreten von Johann Adam Weinand, Schultheiß zu Katzenbach und seiner Frau. 1772 war August Römer aus Rockenhausen stellvertretend für Kurfürst Karl Theodor von der Pfalz Pate bei der Taufe des Sohnes von Christian Jakob Neuß, der 1765 als „Berghäuer" erwähnt wird - ein Hinweis auf die Protektion der Bergleute durch ihren Landesherrn.
Die Flurstücke 115 und 116 - Hofanlage und Garten - befanden sich nach Auskunft des Grundsteuerkatasters von 1829 im Besitz des Ackersmanns Andreas Glaß. Seine Frau Katharina Glaß, geborene Spohn, hatte diese nach dem Tod ihres Vaters Georg Spohn, Ackersmann, als Alleinerbin im Jahre 1815 erhalten. No. 115 umfasste eine Fläche von 16 Dezimalen, bestehend aus Wohnhaus, Scheune, Keller, zwei Ställen, Schuppen, Backofen, Brunnen und Hofraum. Georg Spohn, 1813 im Alter von 37 Jahren in Katzenbach verstorben, war der zweitälteste Sohn des Steigers Heinrich Spohn und hatte in französischer Zeit das Amt des Maire (Bürgermeister) ausgeübt. Der heutige Zustand des Anwesens entspricht weitgehend der Aufnahme des Urkatasters - lediglich der im Akt genannte Schuppen wurde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts abgerissen.
Das Anwesen gilt als „im Kern spätbarocke Hofanlage aus der Blütezeit des einheimischen Quecksilberbergbaus." Der Torsturz des im Süden gelegenen Ökonomiegebäudes trägt die Inschrift „A. Glas" - auch die Gliederung der östlichen Traufseite des Hauses wirft Fragen hinsichtlich eventueller Umbauten im frühen 19. Jahrhundert auf. Das für ein Bauernhaus dieser Region ungewöhnliche Mansardwalmdach stammt aus der Erbauungszeit.
Alle Mitglieder der Familie Spohn wurden nachweislich in der benachbarten, 1750 neu errichteten Kirche getauft und auf dem gegenüberliegenden, zwischen 1727 und 1834 von allen Konfessionen belegten Friedhof begraben. Im Ortskern um den 1754 errichteten Glockenturm der Gemeinde kann vor diesem Hintergrund Sozialgeschichte des 18. Jahrhunderts auch in ihrer räumlichen Dimension nachvollzogen werden. Durch die für den Ort Katzenbach in historischer Perspektive vermutlich einmalige architektonische Gestaltung, die greifbare Hausgeschichte und den Umstand, dass es sich offensichtlich um eines der letzten Baudenkmäler des kurpfälzischen Quecksilberbergbaus in der Nordpfalz handelt, ist die angesprochene Hofanlage ein Kulturdenkmal ersten Ranges für die Ortsgemeinde Katzenbach und die weitere Region der Nordwestpfalz.
Quellen:
Brandstettner, Ludwig: Versuch einer Ortsgeschichte von Katzenbach, Kantons und Bezirksamts Rockenhausen. Kirchheimbolanden 1908 (Separatabdruck der Nordpfälzer Geschichtsblätter).
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Band 15, Donnersbergkreis. Bearbeitet von Dieter Krienke. Herausgegeben im Auftrag des Ministeriums für Kultur, Jugend, Familie und Frauen vom Landesamt für Denkmalpflege. Worms 1998. Wernersche Verlagsgesellschaft.
Grundsteuerkataster der Gemeinde Katzenbach, Kanton Rockenhausen. Landesarchiv Speyer.
Katasterplan der Gemeinde Katzenbach, Kanton Rockenhausen. Vermessungs- und Katasteramt Kaiserslautern, Außenstelle Winnweiler.
Kirchenbücher der Reformierten Pfarrei Rockenhausen, Parochialort Katzenbach (Taufen, Eheschließungen, Bestattungen). Zentralarchiv der Evangelischen Kirche der Pfalz Speyer.
Schitter, Walter (Hrsg.): Katzenbach. Chronik eines Dorfes. Herausgegeben durch die Gemeinde Katzenbach. Katzenbach o. J. (Band 2 der Heimatkundlichen Schriftenreihe des Donnersbergkreises).
Schmidt, Erich: Die Kurpfälzischen Bergbeamten im Jahre 1785. In: Nordpfälzer Geschichtsblätter. Beiträge zur Heimatgeschichte. Rockenhausen. 85. Jahrgang, Juni 2005, S. 7-10.
Walling, Hans: Der ehemalige Quecksilbererz-Bergbau in der Gemarkung von Katzenbach (Pfalz). Teil 1: Kleinere Gruben, Schurfwerke und Schürfe, in: Zeitschrift zur Geschichte des Berg- und Hüttenwesens (Fischbacher Hefte). 11. Jahrgang. Heft 1/2005. S. 34-47.
Walling, Hans: Der ehemalige Quecksilbererz-Bergbau in der Gemarkung von Katzenbach (Pfalz). Teil 2: Die Grube Steinkreuz, in: Zeitschrift zur Geschichte des Berg- und Hüttenwesens (Fischbacher Hefte). 12. Jahrgang. Heft 1/2006. S. 17-38.
Walling, Hans: Der Erzbergbau in der Pfalz von seinen Anfängen bis zu seinem Ende. Herausgegeben vom Landesamt für Geologie und Bergbau Rheinland-Pfalz. Mainz 2005.
[i] Beamter mit bergmännischer Ausbildung.
[ii] Zeitlich und räumlich begrenzte Erlaubnis (Schurfschein) des Landes- oder Grundherrn für die bergbauliche Tätigkeit einer Einzelperson oder einer Abbaugemeinschaft. Anspruch des Grundherrn auf kostenfrei mit betriebenen Anteil (kurfürstlicher Freistamm) und Anteil am Erlös als Zehnt bzw. Steuer.
[iii] vgl. Schürfung, Suchgrabung auf Grundlage eines Schurfscheines.
[iv] Erteilung der Mutung durch den Grundherrn an den bzw. die Unternehmer: Zuteilung der Fläche eines Grubenfeldes nach erfolgreicher Schürfung, vgl. auch Name des Schurfwerkes bzw. der Grube „Frische(r) Mut(h)".
[v] Beamter mit bergmännischer Ausbildung, Vorsteher einer Grube mit Aufsichtsfunktion.