Eine Glockenblumenwanderung

Zeichnung von Ute Knieriemen-Wagner
Sind es persönliche Erlebnisse oder seltene Zufälle, die uns Menschen mit dem Reich der Blumen verbinden? Sind es ihre Formen, Farben und Düfte, die viele von uns jeden Sommer wieder in ihren Bann ziehen? Wie der Nachtwanderer vom Sternenmeer magisch sich angezogen fühlt, so fühlt sich der naturbezogene Wanderer vom Blumenmeer angezogen. Es hat einen tieferen Sinn, dass der Mensch sich zwischen Blumen und Gestirne gestellt fühlt. Sprechen wir nicht von „Blumensternen“ und „Sternenblumen“?



Blumen und Sternen scheint etwas Unfassbares, etwas Numinoses inne zu wohnen. Warum sonst auch sollte die Antike ihre wichtigsten Blumen den Göttern zugeordnet haben?

„Nicht die Schätze sind es, die ein so unaussprechliches Verlangen in mir geweckt haben, sagte er zu sich selbst; fernab liegt mir alle Habsucht; aber die blaue Blume sehn’ ich mich zu erblicken. Sie liegt mir unaufhörlich im Sinn, und ich kann nichts anderes dichten und denken. So ist mir noch nie zumute gewesen.....“ lesen wir im „Heinrich von Ofterdingen“ des Novalis.


Gewiss, Novalis hat mit diesem Bekenntnis auf jenes Verlangen der dichterischen Phantasie hingedeutet, jenseits aller Blumen die gewisse Blume zu suchen, nämlich jenes Absolute für das es viele Namen gibt. Dennoch, auf eine gewöhnliche Sprache herabgesetzt, könnte diese Blume auch die Glockenblume sein.

Eine Verwandtschaft zu diesen Blumen scheint auf jeden Fall vorhanden zu sein. Sie bestätigt sich uns, wenn wir die Mythen, Märchen und Legenden befragen, in denen uns die Glockenblume immer wieder begegnet.

Auch in der Naturheilkunde wurde und wird die Glockenblume verwendet. Doch vor allem ist sie im Märchen und in der menschlichen Phantasie beheimatet. Mit ihren blauvioletten Blüten erscheint sie uns vor allem an ihren Waldstandorten besonders geheimnisvoll.

Es heißt, wer die Blumenseele zum Sprechen bringt, wird ihre Botschaft erfahren. Es ist nicht jedem gegeben, die Seele der Blumen zu verstehen. Um ihre Stimme zu verstehen, bedarf es einer besonderen Atmosphäre, ein sich Hineinfühlen in das Wesen der Pflanze selbst. Worüber schon Goethe in seinen Metamorphosen bestens zu berichten wusste:

 „Jede Blume, sie spricht lauter und lauter mit dir. Aber entzifferst du hier der Göttin heilige Lettern......“

Immer wurden Blumen mit etwas Seelenhaftem in Verbindung gebracht. Als „festgewachsene Schmetterlinge“ hat sie der Dichter Friedrich Schnack bezeichnet:

Zeichnung von Ute Knieriemen-Wagner„Sind nicht auch Blüten Schmetterlinge – nicht abgelöste, an ihrem Ursprung haftende Falter? Wie der Schmetterling seiner braunen Puppe entkeimt, wenn die Stunde seines Erwachens gekommen ist, und seine vier Flügelblätter entbreitet, so entringt sich die Blüte ihrer walzenförmigen Knospe, entfaltet sich, wächst gleich den neugeborenen Falterschwingen zur endgültigen Gestalt und flattert an ihrem Zweig im Wind. Die Blume der Erde und die Blume der Luft sammeln auf ihren Blättern und Schwingen den Zauberstrahl des Lichtes, das farbenverwandelte Feuer des himmlischen Gestirns.“

Es scheint als habe der Dichter vor einer Glockenblume gestanden, als sich diese Zeilen in ihm bildeten. Es gibt gewiss einen tiefen Zusammenhang zwischen den Metamorphosen der Blumen und der des naturbezogenen Menschen.

Die Schönheit unserer heimischen Wildblumen, vor allem der mystischen Glockenblumen aus einem universellen Zusammenhang zu betrachten, kann der Sinn einer „Glockenblumenwanderung“ durch die Trippstadter Natur sein.

Der naturbegeisterte Spaziergänger wird hier allen unseren heimischen Glockenblumenarten begegnen. Wohl wird er nicht der lanzettblättrigen Glockenblume begegnen, die es weltweit nur im Pfälzerwald und im Taunus gibt und die mit zwei Standorten in der Gemarkung Trippstadt vertreten ist. Doch ihren Geschwistern wird er überall in Trippstadts Umgebung begegnen.

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