Durch die Hexenklamm und über den Weihertalkopf im Zweibrücker Hügelland

Hexenklamm im Zweibrücker Hügelland

Am Eingang zur Hexenklamm vom Sportplatz Gersbach kommend, führte Hans Dieter Zehfuß die Exkursionsteilnehmer an eine Mardelle am Waldrand. Mardellen sind trichterförmige wasserführende Vertiefungen, die mehr oder minder regelmäßig im Bereich des unteren Muschelkalks in der Südwestpfalz vorkommen. Ihre Entstehung ist nicht abschließend geklärt: So werden sie in der geologischen Literatur vor allem als Erdfalltrichter interpretiert, die durch lokale Verkarstungen im untersten Muschelkalk entstanden sind, sie könnten aber auch durch Abgrabungen des lehmigen Bodens im Zuge des Ackerbaus entstanden sein.

 

Diese Genese erachtet Zehfuß für die weitaus meisten Mardellen als wahrscheinlich. Früher brachte man nämlich lehmiges Material auf die sandigen Äcker aus, um den Boden dadurch landwirtschaftlich aufzuwerten. Die zurückbleibenden Bodenvertiefungen füllten sich mit Wasser und dienten in Zeiten der Waldweide dem Vieh als Tränken. Heute sind die Mardellen wertvolle Laichgewässer für Amphibien. In der Mardelle beim Gersbacher Sportplatz hatten zahlreiche Grasfrösche abgelaicht. Junge Grasfrösche begegneten den Exkursionsteilnehmern mehrfach auf der Wanderung durch die Hexenklamm, außerdem – zur Freude der Teilnehmer – ein junger Feuersalamander. Die Hexenklamm beginnt geologisch im unteren Muschelkalk und setzt sich nach unten hin fort in den Oberen und Mittleren Buntsandstein, in welchen sie dann auch im Felsalbtal endet (Abb. 1).

 

Abb. 1: Die triassische Schichtfolge im Bereich des Blattes Pirmasens Nord (=schematisches Faziesprofil) (aus ZEHFUß & OSTROW, 2006; leicht verändert nach Geomorphologisch lassen sich in ihrem Verlauf sehr gut der Übergang vom unteren Muschelkalk (sehr flacher Graben) in den Voltziensandstein des Oberen Buntsandsteins (harter „Werkstein“, schmaler, tief eingeschnittener „Canyon“ mit steilen Wänden) sowie der Übergang vom Voltziensandstein in die darunter liegenden, weniger harten Zwischenschichten (deutliche Verbreiterung der Klamm) feststellen. Auch im weiteren Verlauf durch die Zwischenschichten wechseln sich solche durch die Zusammensetzung der Gesteine bedingten geomorphologischen Änderungen immer wieder ab. Vor allem im unteren Teil gibt es dann auch vermehrt sehr harte, erosionsresistente „Fels“-Bänke, die dann oft zur Ausbildung von kleinen oder größeren Wasserfällen führten.

 

Abb. 2: Verschiedene Pflanzen aus dem Voltziensandstein, die beim Neubau der L 600Abb. 2: Verschiedene Pflanzen aus dem Voltziensandstein, die beim Neubau der L 600Auch wenn wir auf unserer Exkursion in der Hexenklamm keine Fossilien fanden, so haben wir dabei doch einen paläontologisch sehr interessanten Teil des Buntsandsteins,nämlich den Voltziensandstein, durchlaufen.

 

Die Fossilien des Voltziensandsteins, so genannt nach dem für ihn typischen Nadelbaum Voltzia heterophylla, geben uns nämlich mit die frühesten Zeugnisse von der Regeneration der terrestrischen Ökosysteme nach dem großen Massenaussterben an der Perm-Trias-Grenze vor etwa 250 Millionen Jahren. Dabei sind, je nach Zählweise, etwa 80 - 95% aller auf der Erde lebenden Tier- und wohl auch flanzenfamilien ausgestorben und es dauerte dann etwa 10 Millionen Jahre, bis wir im Voltziensandstein erstmals wieder Hinweise auf komplexere Ökosysteme an Land finden. In den letzten Jahren konnten durch die erdgeschichtliche Denkmalpflege Rheinland-Pfalz beim Neubau der L 600 im Raum Pirmasens zahlreiche Pflanzen- und auch Tierreste aus dem Voltziensandstein geborgen werden (Abb. 2).

 

Während das Wald-Veilchen (Viola reichenbachina) vor allem in der oberen Hexenklamm auf kalkhaltigen oder zumindest basenreichen Muschelkalkböden vorkommt, wächst das Hain-Veilchen (Viola riviniana) in der unteren Hexenklamm, auf den sauren Bundsandsteinverwitterungsböden.

 

Abb. 3: Das Manns-Knabenkraut bildet in der Hexenklamm größere Bestände. (Foto: O. Röller)In der unteren Hexenklamm stürzt das Wasser über mächtige Felsvorsprünge, durch Erosion freigelegte Felsbänke des Mittleren Buntsandsteins, in die Tiefe. Sicherlich hat die Klamm aufgrund dieser dunklen Schluchten, mit Höhlen und Wasserfällen, die Phantasie der Menschen schon immer stark angeregt und nicht zuletzt deshalb erhielt sie ihren Namen „Hexenklamm“. Auf diesen Buntsandsteinfelsen in der Klamm dominieren Moospflanzen. Besonders auffällig sind die beiden Lebermoose Pellia epiphylla und Conocephalum conivens, welche die Felsüberhänge überwuchern. Prof. Becker berichtete den Exkursionsteilnehmern von Forschungsarbeiten an der Universität Saarbrücken, bei denen die ätherischen Öle der Lebermoose extrahiert wurden, um sie auf ihre Anwendbarkeit als Fungizid zu testen.


Abb. 4: Grasfrosch und Feuersalamander in der Hexenklamm. (Foto: O. Röller)Viele Lebermoose besitzen ätherische Öle mit solchen Eigenschaften, zu einem kommerziellen Einsatz solcher Naturpräparate kam es bisher allerdings erst sehr eingeschränkt. Beeindruckend sind auch die Bestände des Laubmooses Thamnobryum alopecurum in der Hexenklamm. Das Moos besiedelt Felsen und Bäumen in luftfeuchter Lage. Die Wanderung durch die Hexenklamm endete mit einem Besuch der Eichelsbachermühle, wo wir dann auch die Mittagspause verbrachten. Danach ging es mit frischem Schwung weiter zum Naturschutzgebiet Weihertalkopf bei Nünschweiler. Die Wiesen im Naturschutzgebiet Weihertalkopf,geologisch sind wir jetzt im oberen Unteren Muschelkalk, zeichnen sich über weite Strecken durch das Nebeneinander von Charakterarten der Glatthaferwiesen und der Halbtrockenrasen aus. Die dominanten Gräser sind Glatthafer (Arrhenaterum elatior), Flaumhafer (Avenochloa pubescens) und Aufrechte Trespe (Bromus erectus). Die floristische Besonderheit zum Zeitpunkt der Frühjahrsexkursion war das Helm-Knabenkraut (Orchis militaris, Abb. 6), das mit mehreren hundert Individuen die Hänge des NSG zierte.

 

Abb. 5: Die ehemalige Abbauwand des Steinbruch Schütz bei Nünschweiler mit Gesteinen des Unteren Muschelkalks. (Foto: D. Uhl)Frau Ilse Heintz zeigte den Exkursionsteilnehmern einen felsigen Bereich mit Trokkenrasenvegetation und Beständen der Gewöhnlichen Küchenschelle (Pulsatilla vulgaris), die bereits verblüht waren und ihre federartigen Fruchtstände über den hier flachgründigen und nur schütter bewachsenen Boden emporhoben. An dieser Stelle lagen zahlreiche Gehäuse der Quendelschnecke (Cadinula unifasciata), die in Rheinland-Pfalz selten und gefährdet ist und in der Westpfalz auf den Kalkmagerrasen ebenso wie am Haardtrand Vorkommen aufweist.

 

Von besonderem geologischen Interesse ist der auf dem Weihertalkopf gelegene Steinbruch „Bruch Schütz“ (Abb. 5), da es sich hierbei um den besten Aufschluss im Unteren Muschelkalk der Südwestpfalz handelt. Nachdem die Ablagerung des Buntsandsteins in einer sehr flachen Ebene, dem so genannten Germanischen Becken, vorwiegend unter terrestrischen Bedingungen (durch Flüsse, aber auch Wüsten) stattfand, kam es bereits während der Ablagerung des Voltziensandsteins immer wieder zu nicht sehr lang andauernden Meereseinbrüchen in das Germanische Becken.

 

Abb. 6: Das Helm-Knabenkraut wächst am Weihertaler Kopf zu hunderten. (Foto: O. Röller)Vor etwa 240 Millionen Jahren überflutete dann das Muschelkalkmeer von Nordosten her den gesamten süddeutschen Raum. Die Gesteine, die wir heute im Bruch Schütz aufgeschlossen finden, entstanden damals unter subtropisch-tropischen Bedingungen in einem sehr flachen, randmarinen Meer, das über die schlesische Pforte, weit im Osten, Verbindung zum so genannten Thetys-Ozean hatte. Wie der Name Muschelkalk schon sagt, findet man in diesen Ablagerungen häufig Reste fossiler Muscheln, aber auch anderer Meeresorganismen wie zum Beispiel Nautiloiden (Verwandte des rezenten Perlbootes), Brachiopoden (Armfüßler, einer heute auf sehr wenige Gattungen beschränkte Tiergruppe), „Würmer“ (in Form von Grab-, Fress- oder Wohngängen), weniger häufig aber auch Haie (ein Zahn wurde während der Exkursion gefunden) und andere Fische bzw. Schwimm-Saurier. Von letzteren wurden jedoch auf der Exkursion keine Reste gefunden und auch die von Herrn Zehfuß mit Unterstützung von Herrn Walter Weber aus Pirmasens aufgebaute kleine Ausstellung zur Paläontologie des Unteren Muschelkalks enthielt keine Reste dieser Tiergruppen.

 

Im Steinbruch „Bruch Schütz“ war neben interessanten geologischen und paläontologischen Befunden aber auch biologisch Interessantes zu entdecken. Eine große Population von Mauereidechsen findet hier optimale Lebensbedingungen vor. Wie uns Herr Fischer mitteilte, wurde hier im vergangenen Jahr die Bienen-Ragwurz beobachtet. Diese zu entdecken war uns bei der diesjährigen Frühjahrsexkursion allerdings nicht vergönnt. Der Goldschmied (Carabus auratus) lief uns auf dem Rückweg vom Weihertalkopf zu unserem Busparkplatz über den Weg. Alles in allem war es einmal mehr eine interessante POLLICHIA-Exkursion, bei der sowohl geologisch als auch biologisch viel Interessantes geboten wurde.

 

Literatur:
KONRAD, H.J. (1975): Geologische Karte von Rhld.-Pfalz, Erläuterungen zu Blatt 6711 Pirmasens Nord.- Hrsg. Geolog. Landesamt Rhld.-Pfalz, Mainz. Landesamt für Geologie und Bergbau Rheinland-Pfalz, Mainz (Hrsg.) (2005): Geologie von Rheinland-Pfalz.- 400 S., E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele und Obermiller), Stuttgart.

ZEHFUß, H.D. & OSTROW, H. (2006): Pilze in Eschenwäldern und umgebenden Laubholz-Forsten im Breitsitterswald bei Pirmasens-Gersbach.- Mitteilungen der POLLICHIA, 92, 87-106. Bad Dürkheim. PD Dr. Dieter Uhl, Neustadt Dr. Oliver Röller, Haßloch

 

Die Exkursionen der Pollichia lassen sich leicht nachwandern.

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