Grünstadt: Exkursion zum Drachenfels

Wanderung zum DrachenfelsenZweite „Oskar-Sommer-Gedächtniswanderung“ der POLLICHIA

Am 13. Oktober 2007 führte die POLLICHIA-Kreisgruppe Grünstadt erfolgreich ihre zweite „Oskar-Sommer-Gedächtniswanderung“ durch. Als Vorsitzender Klaus Graber anlässlich der ersten am 7. Oktober 2006 verkündet hatte, künftig werde alljährlich eine solche Tour angeboten, war dies nicht nur innerhalb, sondern auch außerhalb des Vereins mit großem Anklang aufgenommen worden.


Von der Konzeption her geht es dabei keineswegs darum, sich in Nostalgie zu ergehen – so etwas wäre kaum im Sinne Oskar Sommers! Schon bei der Öffentlichkeitsarbeit zur Vorjahreswanderung ist aufgefallen, dass den Pressevertretern der Name des Gründers unserer Kreisgruppe längst nicht mehr in dem Maße präsent ist, wie das auf Grund seiner Leistungen für Natur und Landschaft eigentlich zu erwarten wäre – ein Grund mehr für die Notwendigkeit einer solchen Exkursion!


35 Jahre lang hat Oskar Sommer auf mitmenschlich-warmherzige Weise die Geschicke „seiner“ Kreisgruppe geleitet. Jedem Menschen, der wenigstens ein einziges Mal dabei sein konnte, sind von schier zahllosen ehrenamtlichen Umwelt-Bemühungen dieses Mannes die botanischen Arbeiten, Lehrexkursionen und Vorträge in Erinnerung geblieben. Seine einmalige Art, Menschen den Naturschutzgedanken näher zu bringen, sollte nach Auffassung Klaus Grabers im kollektiven Gedächtnis der Pfälzer bleiben.


Sommers Bemühungen reichten weit über seine Vereinsarbeit hinaus. So wurde er, um nur zwei Beispiele zu nennen, 1962 Kreisbeauftragter für Naturschutz und Landschaftspflege beim damaligen Kreis Frankenthal und fungierte von 1973 bis 2000 als Hauptnaturschutzwart des Pfälzerwald-Vereins. Weniger bekannt ist indes, dass er ab 1968 Bodendenkmalpfleger der Stadt Grünstadt und von 1970 an Vertrauensmann des rheinland-pfälzischen Landesamtes für Vor- und Frühgeschichte in Speyer war.


Oskar Sommer wusste seiner Heimat vielfältige Aspekte abzugewinnen: naturkundliche, historische, kulturelle, soziale, pharmazeutische und – last, but not least – selbst religiöse, was besonders während der von ihm geleiteten Exkursionen immer wieder zum Tragen kam. All diese Facetten sollen auch bei den Gedächtniswanderungen eine Rolle spielen undmit jeweils aktuellen Bezügen die Intentionen des 2004 im Alter von 80 Jahren verstorbenen Kreisgruppen-Gründers wach halten.
Als 2006 sein geliebtes Leininger Land an der Reihe war, bewegte man sich ohne sonderliche Anstrengungen aufweitestgehend ebenem Terrain. Diesmal wurde den Mitwanderern deutlich mehr abgefordert. Treffpunkt zur zweiten Oskar-Sommer-Gedächtnis-Wanderung war das Forsthaus Saupferch am Fuße des Drachenfels. Auch diese Tour hatte engsten Bezug zu ihrem Namensgeber, hat Sommer dem reizvollen Ziel in seinem Buch „Wanderungen durch blühende Naturschutzgebiete“ von 1981 doch ein eigenes Kapitel gewidmet. Für Planung und Führung der Gedächtnisexkursion zeichnete, wie schon 2006, Uwe Engler verantwortlich. Der 2.Vorsitzende der Kreisgruppe ist ein erprobter Pfälzerwald-Kenner,
was er in seine Veranstaltungen gerne einbringt.


Der Drachenfels wurde ursprünglich „Hoher Berg“ genannt, und das durchaus zu Recht; schließlich ist er nördlich der Hochspeyerbach-/ Speyerbach-Linie mit 570 Metern über NN die höchste Erhebung im Pfälzerwald. Etwa 300 schweißtreibende Höhenmeter waren vom Ausgangspunkt bis zum Westfels des Exkursionszieles zu überwinden.


So bleibt er in Erinnerung: Oskar Sommer 1987 bei einer botanischen Lehrwanderung durch die Rheinauen zwischen Worms und Frankenthal.Sollten Teilnehmerinnen und Teilnehmern dabei Zweifel über den Sinn des Unterfangens gekommen sein, so verflogen sie dort oben auf der Aussichtsplattform sehr schnell.Von hier aus bot sich ihnen ein phantastischer Blick über den nördlichen Pfälzerwald. Unterbrochen wurde die grüne, noch kaum herbstliche Färbung aufweisende Pracht nur von den Häusern Esthals und Kaiserslauterns mit seinem Rathaus. Auch konnten die Wanderer startende und landende Flugzeuge der US-Airbase Ramstein beobachten.


Der Weg führte weiter zum Plateau des Drachenfels. Dieses Areal ist seit 1972 als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Man bewegte sich hier durch einen Perlgras-Buchenwald (Melico-Fagetum) mit zweihundertjährigen Baumriesen. Einige davon sind leider den Stürmen der letzten beiden Jahrzehnte zum Opfer gefallen, doch rang diese sehr naturnahe Landschaft den Wanderern trotzdem ein ehrfürchtiges Staunen ab.


Wie Uwe Engler erklärte, sei dieser Bereich in vielerlei Hinsicht interessant, beispielsweise als Rückzugsgebiet der Wildkatze (Felis silvestris). Früher habe es viele Auerhühner hiergegeben. Im Juli 1911 seien hier die letzten pfälzischen Schlangenadler (Circaetus gallicus) geschossen worden. Auf dem Südfels genoss die Gruppe zunächst wiederum einen überwältigenden Ausblick und gelangte hierauf durch einen ziemlich versteckt liegenden Zugang in Drachenhöhle und Drachenkammer. Die Suche nach dem namengebenden Drachen, den in sagenhaften Epochen Jung-Siegfried erschlagen haben soll, blieb allerdings weitgehend ergebnislos. Nur die Rußspuren an den Decken – von illegalen Grillpartys können die schließlich nicht stammen– zeugten von dem feuerspeienden Lindwurm. Oder sollten etwa schon in der grauen Vorzeit Arten durch Menscheneinwirkung unwiderruflich verloren gegangen sein?


Immerhin hatte man noch die Römer vor sich;  vielleicht würde sich da mehr Erfolg einstellen. Im Südwesten des Plate auswies der 2.Vorsitzende auf deutliche Reste einer ausgedehnten Befestigung in Form eines Doppelwalls mit vereinzelt sichtbaren Quermauern hin. Diese Anlage befand sich einst oberhalb der Römerstraße von Bad Dürkheim zur Heidelsburg bei Waldfischbach und gehörte offenbar zur Gruppe der um 352 n. Chr. in diesem Raum aufgelassenen Höhensiedlungen.


Auch wenn sich weder ein Drache noch eine römische Autobahnpatrouille hatte blicken lassen, war niemand enttäuscht, als der Abstieg begann. Nach einem Bogen um den Süden des Drachenfels erreichte die Exkursion den Friedrichsbrunnen mit seiner idyllischen Anlage. Wie der Exkursionsleiter erklärte, gehe die Bezeichnung auf Graf Friedrich von Leiningen zurück, dessen Regierungszeit in die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts zu datieren sei. Wahlweise werde auch der Name „Siegfriedsbrunnen“ gebraucht, weil der blonde Recke aus Xanten an dieser Stelle den Drachen gemeuchelt haben solle.


Weiter ginges das Friedrichstal abwärts, welches in das Neu-Glashüttental übergeht. Dieser Begriffweise laut Uwe Engler auf eine Glashütte hin,diehier in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts existiert habe. Die Quellenlage sei allerdings spärlich. Immerhin dürfe der einstige Bau mit einiger Sicherheit als Nachfolger einer alten Glashütte im unweit westlich gelegenen Kirschtal betrachtet werden.


In beiden Hütten seien Glaswaren für die Herrschaft Leiningen-Hardenburg hergestellt worden. Auch der Name der Pottasch-
Hütte westlich des Friedrichsbrunnens weise auf die Glasherstellung in dieser Gegend hin. Am Ende des Neu-Glashütten-Tals schloss sich in der Nähe des Saupferchs der unterwegs beschriebene Kreis. Als damit die zweite Oskar-Sommer-Gedächtniswanderung endete,warenTeilnehmerinnen und Teilnehmer um etliche Eindrücke aus Natur und Geschichte reicher.
Auf das zweite Halbjahr 2008 ist die nächste Exkursion dieser Reihe angesetzt; sie wird wiederum aktuelle Impulse zu einem der von Oskar Sommer so engagiert „beackerten“ Felder vermitteln.


KlausGraber, Bobenheim-Roxheim

 

 

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